Mehr Investitionen und Innovationen am Heimatstandort

Erwartungen der hessischen Wirtschaft an die Politik nach der Bundestagswahl 2021

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Wirtschafts­ordnung

1 Mehr Wettbewerb wagen

1.1 Freiheitliche und marktwirtschaftliche Wirtschafts­ordnung

Die Bundespolitik sollte eine freiheitliche und marktwirtschaftliche Wirtschafts­ordnung verwirklichen. Sie sollte mehr als bisher auf die Eigenverantwortung der Einzelnen vertrauen – innerhalb eines staatlich gesetzten, z. B. sozialen und ökologischen Rahmens. So ist die Balance zwischen freier unternehmerischer Entfaltung und gesellschaftlicher Verantwortung zu wahren. Das Leitbild sollte die ordoliberale Konzeption der sozialen Marktwirtschaft sein.

Hingegen ist eine zentral gesteuerte Transformation der Wirtschaft oder einzelner Branchen strikt abzulehnen. Denn niemand kann dafür ein ausreichendes Wissen haben – was beispielsweise die planwirtschaftliche Ausgestaltung der sog. Energiewende mustergültig zeigt. Stattdessen muss sich der Staat beschränken und auf die effiziente Erreichung konkreter ökologischer oder sozialer Schutzziele konzentrieren.

1.2 Staat muss Regelsetzer und Schiedsrichter sein, nicht Mitspieler

In der Wirtschaftspolitik ist der Schutz der Ordnung des Wettbewerbs oberste Aufgabe des Staates. Wo immer möglich sollte Wettbewerb als Entdeckungsverfahren zugelassen und geschützt werden. Dies gilt gleichermaßen für die Seiten der Anbieter und Nachfrager von Waren und Dienstleistungen. Hingegen sind eine steuernde Wirtschaftspolitik und dauerhafte Marktinterventionen abzulehnen, weil sie Wissen über zukünftige Bedarfe, Techniken und Märkte erfordern, das niemand haben kann. Die Maxime lautet: Mehr Wettbewerb wagen!

1.3 Vorrang Privat vor Staat beachten

Der Staat sollte grundsätzlich auf unternehmerische Tätigkeiten auf wettbewerblichen Märkten verzichten, da diese von privaten Unternehmern besser und im Ergebnis kostengünstiger durchgeführt werden können. Die Unternehmerinnen und Unternehmer haften persönlich für die finanziellen, rechtlichen und sozialen Folgen ihrer Entscheidungen. Das ist der wesentliche Grund, warum Entscheidungen mit persönlicher Haftung tendenziell sorgfältiger getroffen werden als ohne Haftung. Der Staat muss dafür sorgen, dass effektive und vollständige Haftungsregeln bestehen und durchgesetzt werden – in privaten Unter­nehmen und genauso wie in öffentlichen Unter­nehmen. Nötig ist die bessere Durchsetzung des geltenden Rechts, nicht hingegen eine Verschärfung des Rechts oder die Schaffung eines neuen Unter­nehmensstrafrechts.

1.4 Effektive Regulierung gewährleisten

Wenn ein fundamentales Markt- oder Wettbewerbsversagen vorliegt, kann es erforderlich sein, dass der Staat in geeigneter Weise regulierend eingreifen muss, um den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu verhindern – etwa in natürlichen Monopolen wie Stromnetzen, Gasleitungen oder Schieneninfrastruktur. Diese Regulierung muss kosteneffizient und innovationsfördernd sein. Regelmäßig ist zu prüfen, ob sie wegen Substitutionskonkurrenz obsolet wird, z. B. Mobilfunk versus Festnetztelefonie. Auch in regulierungsbedürftigen Märkten ist zu prüfen, ob Unter­nehmen in privatem Eigentum zum Zuge kommen können, etwa in Form von Ausschreibungen zeitlich befristeter Konzessionen. Bei Infrastrukturmonopolen mit privatrechtlichen oder privatwirtschaftlichen Betreibern, etwa von Schienennetzen oder Stromnetzen, ist die Regulierung so auszugestalten, dass genügend Investitionen in den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur, geplant und finanziert werden und dann auch tatsächlich erfolgen.