Mehr Investitionen und Innovationen am Heimatstandort

Erwartungen der hessischen Wirtschaft an die Politik nach der Bundestagswahl 2021

14|
Außenwirtschaft

14 Mehr Freiheit für Handel und Investitionen

14.1 Aktive Außenwirtschaftspolitik betreiben

Kaum ein Land ist so stark in internationale Handelsströme und Wertschöpfungsketten eingebunden wie Deutschland: Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt vom Export ab. Die Bundesregierung muss weiter im Rahmen der EU eine aktive Außenwirtschaftspolitik betreiben. Durch mehr Freiheit bei Handel und Investitionen entstehen Vorteile auf allen Seiten, nicht durch Protektionismus.

Zurecht liegt die Zuständigkeit für die Außenwirtschaftspolitik bei der EU. Nur gemeinsam mit den europäischen Partnern hat Deutschland eine stärkere Stimme. Zudem verhindert eine einheitliche EU-Außenwirtschaftspolitik Wettbewerbs­verzerrungen im EU-Binnenmarkt. Die EU muss weiterhin für Freihandel und gegen alle Formen des Protektionismus eintreten.

14.2 Europäischen Binnenmarkt vollenden

Die Bundesregierung und der Bundestag müssen sich dafür einsetzen, dass der EU-Binnenmarkt durch stringente Umsetzung von Binnenmarktvorschriften weiter vertieft wird. Der Energiebinnenmarkt und der digitale Binnenmarkt müssen rasch vollendet werden. Dadurch kann die europäische Wirtschaft wieder den Anschluss an die digital weiter fortgeschrittenen Märkte in den USA, Japan und Süd-Korea finden.

Es liegt im deutschen Interesse, dass das Vereinigte Königreich so weit wie möglich am europäischen Binnenmarkt teilnimmt. Die Bundesregierung muss dazu beitragen, dass in jedem Fall eine enge Handelspartnerschaft zwischen der EU und dem Vereinten Königreich vereinbart wird. Der freie Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr muss gewährleistet werden. Zölle und Einfuhrquoten sind zu vermeiden.

14.3 WTO stärken und weitere Freihandelsabkommen abschließen

Trotz aller Widerstände: Die Welthandelsorganisation (WTO) als Hüterin des multilateralen Handelssystems ist zu stärken. Agenda, Regeln und Organisation der WTO sollten modernisiert werden. WTO-Regeln für Freihandelsabkommen sollten ausgebaut und besser durchgesetzt werden. Dafür muss sich die Bundesregierung mit ihrer Wirtschafts- und Außenpolitik einsetzen.

Auch der Aus- und Aufbau bilateraler Freihandelsabkommen liegt im Interesse der deutschen und europäischen Wirtschaft. Nach dem Brexit muss vorrangig der Handelspakt der EU mit dem Vereinigten Königreich so bürokratiearm wie möglich umgesetzt werden. Grenzformalitäten müssen auf ein Minimum beschränkt werde. Deutschland und die EU müssen das transatlantische Handels- und Investitionsabkommen TTIP zeitnah wieder auf die Agenda bringen, denn Zölle und Bürokratie erschweren für viele Unter­nehmen den Handel und den Zugang zum US-Markt. Ebenso sind Abkommen mit asiatischen Ländern erforderlich.

14.4 Gegenüber China mehr Regeleinhaltung und Fairness durchsetzen

Gerade China mit seiner staatlich gelenkten Volkswirtschaft spielt auf den Weltmärkten oft nicht nach internationalen Regeln. Die Bundesregierung sollte auf europäischer Ebene darauf hinarbeiten, die EU im Wettbewerb mit China zu stärken. Die „Neue Seidenstraße“ ist bislang ein Projekt von den Chinesen für die Chinesen, von dem europäische Unter­nehmen kaum profitieren. Bundesregierung und EU müssen in Verhandlungen mit China faire Ausschreibungen, Transparenz und verbindliche Regeln anstreben und auch durchsetzen. Das von China mit 14 Asien-Pazifik-Staaten im Jahr 2020 geschlossene Freihandelsabkommen muss ein Weckruf für Deutschland und die EU sein, die in der Region nicht den Anschluss verlieren dürfen. Denn die sog. „Regional Comprehensive Economic Partnership“ (RCEP) stellt das größte plurilaterale Freihandelsabkommen der Welt dar: Es umfasst einen Wirtschaftsraum mit einer Bevölkerung von 2,3 Mrd. Menschen und einem BIP von 26 Billionen US-Dollar. Deshalb muss sich die Bundesregierung dafür stark machen, dass auch das Ende 2020 zwischen der EU und China vereinbarte Abkommen rasch ratifiziert wird und für mehr fairen Handel sorgt.
Digitalisierung