Entsorgung von Erdaushub und Böden

Veranstaltungen zeigen akute Problemlage auf

Die gemeinsamen Veranstaltungen des Verbands baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V., des Bauindustrieverbandes Hessen-Thüringen e.V., der Ingenieurkammer Hessen sowie der IHK Frankfurt am Main im Rahmen der Umweltallianz Hessen am 29. November sowie am 03. Dezember in Darmstadt stießen auf ein großes Echo.

Insgesamt rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Verwaltung, Kommunen, öffentlichen und institutionellen Bauherren, Ingenieurbüros, Entsorgungsfachbetrieben und Bauunternehmen waren der Einladung gefolgt.

In Frankfurt verdeutliche Ulrich Caspar, Präsident der IHK Frankfurt am Main, die Dimension des Problems: „FrankfurtRheinMain wächst kontinuierlich. Mehr Wohnraum, mehr Arbeitsplätze, mehr Verkehrswege, das alles führt auch zu mehr Aushubentsorgungsbedarf. Wir brauchen daher die Ausweisung von Zwischenlagerstätten und Deponieflächen hier im Ballungsraum, um damit Entsorgungstourismus in andere europäische Regionen zu vermeiden."

Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid begrüßte auf beiden Veranstaltungen für das Regierungspräsidium Darmstadt.

In mehreren Fachvorträgen wurde die Problematik der Entsorgung und Verwertung erläutert.

Laut Rainer von Borstel, Hauptgeschäftsführer des Verbandes baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V. stellten Bau- und Abbruchabfälle den mit Abstand größten Anteil der anfallenden Abfälle in Deutschland dar. In Hessen sind das jedes Jahr circa 12 - 15 Millionen Tonnen Bau- und Abbruchabfälle. Gerade im Rhein-Main-Gebiet sind die Folgen des Wachstums starke Bautätigkeit, Flächenprobleme und steigender Aufwand. Auch Transportwege seien laut den Referenten ein erheblicher Kostentreiber.

Dass das Thema Erdaushub ein Problem für die Umwelt darstellt, wurde im Laufe der Veranstaltung immer deutlicher. Abfälle werden über immer weitere Strecken transportiert und belasten einerseits aufgrund der verkehrsbedingten Treibstoffemissionen die Umwelt und andererseits den Verkehrsfluss sowie die Substanz von Brücken und Straßen erheblich.

Von den 12 – 15 Millionen Bau- und Abbruchabfällen werden deutlich weniger als 5% auf Deponien beseitigt. Mehr als die Hälfte der Bau- und Abbruchabfälle wird der in der Verfüllung übertägiger hessischer Tagebaue verwertet. Die Statistik der Verfüllung in Hessen zeigt, dass sich der Schwerpunkt der Verfüllung von Südhessen nach Mittelhessen verschoben hat. Da die Bautätigkeit insbesondere in Südhessen stark ansteigt, sind Transporte von Süd- nach Mittelhessen die Folge, weil ortsnahe Verwertungen nicht verfügbar oder nicht wirtschaftlich sind. Die Auswertung einer Antwort des Wirtschaftsministeriums zeigt, dass Hessen jedes Jahr etwa 700.000 Tonnen Sand und Kies, schwerpunktmäßig aus Frankreich, importiert werden. Angesichts der Abfallmenge, die gleichzeitig entsorgt werden muss, stellte sich die Frage, warum der Einsatz von Recyclingbaustoffen in Hessen nicht forciert wird.

Referenten vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV), beschrieben die aktuelle Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans Hessen. Es wurde deutlich, dass der Informationsstand über das tatsächliche Abfallaufkommen in Hessen begrenzt ist. Die bislang vorliegenden Erkenntnisse zeigten, dass eine Entsorgungssicherheit für die nächsten 10 Jahre nicht mehr gegeben ist. Insbesondere Deponieraum fehlt. Die Veröffentlichung des Abfallwirtschaftsplans wurde für Mitte 2021 angekündigt.

Weiterhin wurde deutlich, dass Unklarheit über das erforderliche Analyseverfahren Baumaßnahmen und Entsorgung deutlich verzögern. Nur durch umfassende Analysen und einem Entsorgungskonzept, das alle Entsorgungswege abdeckt, lassen sich rechtssichere Ausschreibungen erstellen, unnötige Kosten für die Nachbeprobung und Nachträge sowie Bauzeitverzögerungen reduzieren.

Die in der Praxis vorliegenden Ausschreibungen seien oft mangelhaft und weder wirtschaftliches noch nachhaltiges Handeln im Sinne der Kreislaufwirtschaft ermöglichen. Rainer von Borstel sagte dazu: „Mangelhafte Ausschreibungen öffnen das Feld zu spekulativen Preisen mit ungewissem Ausgang für alle Beteiligten. Eine gute Planung auf Basis von breit aufgestellten Gutachten zur Charakterisierung des Abfalls, die alle Entsorgungsmöglichkeiten abdecken, spart Zeit und Kosten.“

Im Vortrag des Regierungspräsidium Darmstadts, zur Novellierung der hessischen Verfüllrichtlinie wurde nochmal deutlich, dass spezifische bundesrechtliche Regelungen fehlen, da die Erstellung einer Mantelverordnung seit nunmehr 14 Jahren laufe - mit offenem Ausgang. Daher ist es erforderlich, die hessische Verfüllrichtlinie, die bis zum Jahresende 2019 befristet war, fortzuschreiben.

Dr. Burkhard Siebert, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbands Hessen-Thüringen e.V., der die Veranstaltung moderierte, dankte im abschließenden Resümee den Referenten sowie für die konstruktive Zusammenarbeit der Akteure und Verbände. Wesentliche Ergebnisse und Botschaften der Veranstaltung waren aus ihrer Sicht: Auftraggeber müssen sich im Vorfeld einer Baumaßnahme frühzeitig Gedanken machen, was mit den anfallenden Bauabfällen geschehen soll. So können mit den richtigen Analysen Kosten gespart werden. Der Einsatz von Recyclingmaterial muss stärker in den Köpfen sein, um Abfalltransporte zu reduzieren und nachhaltiges Handeln zu ermöglichen. Hinsichtlich der Novellierung der Verfüllrichtlinie sowie weiterer Aktivitäten mahnten die Veranstalter die Einbindung der Wirtschaftsverbände an. Politik und Wirtschaft müssen zusammenarbeiten, um den Wirtschafts­standort Deutschland klimafreundlich zu gestalten.
 

Hier finden Sie die Vortragsunterlagen zum Download:
https://www.bgvht.de/startseite/verwertung-und-beseitigung-von-erdaushub-und-bauschutt-informationsveranstaltung-und-erfahrungsaustausch-am-29-11-in-der-ihk-frankfurt/

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