Nationaler Brennstoffemissionshandel

Dr. Ortlieb: „Klimaschutz geht günstiger! Die Politik muss CO2 begrenzen, nicht verteuern. Politik der Preissteigerung führt nicht zu weniger CO2-Emissionen, sondern zu globalen Wettbewerbsnachteilen.“

Frankfurt am Main. Die VhU kritisiert die am Donnerstag vom Deutschen Bundestag beschlossene Erhöhung der gesetzlich festgelegten Preise für CO2-Zertifikate im nationalen Brennstoffemissionshandel.

„Den CO2-Ausstoß in den Bereichen Wärme und Verkehr in einem Emissionshandelssystem zu deckeln, ist grundsätzlich richtig. Das haben wir seit Jahren gefordert. Aber die beschlossenen CO2-Fixpreise machen Klimaschutz unnötig teuer. Ohne wirksamen Schutz vor Produktionsverlagerungen sind sie Gift für den Industriestandort Deutschland“, erklärt Dr. Birgit Ortlieb, Vorsitzende des VhU-Energieausschusses.

Dr. Ortlieb: „Klimaschutz geht günstiger! Ökologisch relevant ist allein die CO2-Menge, die jährlich ausgestoßen wird, nicht der CO2-Preis. Der CO2-Ausstoß bei Wärme und Verkehr muss begrenzt werden. Das ist das ökologische Ziel. Ein politisch gesetzter, höherer CO2-Preis verringert den Ausstoß nicht, sondern verteuert ihn nur. Eine Politik der Preissteigerung führt nicht zu weniger CO2-Emissionen, sondern zu globalen Wettbewerbsnachteilen der heimischen Unter­nehmen. So wird unsere Klimapolitik nicht zum Vorbild anderer Staaten.“

„Wer heimische Unter­nehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, belastet, muss zuvor verbindliche Kompensations- und Entlastungsregeln für einen wirksamen Schutz vor Emissionsverlagerungen in andere Teile der Welt in Kraft setzen – denn nach wie vor fehlt uns das globale Level Playing Field“, fordert Dr. Ortlieb.

Ebenfalls kritisch sieht sie die drohende Doppelbelastung durch europäischen und nationalen Emissionshandel. Laut Entwurf des Bundesumweltministeriums müssten betroffene Unter­nehmen zunächst die CO2-Kosten aus beiden Systemen zahlen. Eine Rückerstattung der nationalen CO2-Kosten soll es erst 18 Monate später geben. „Absolut inakzeptabel“ sei das, findet Dr. Ortlieb: „Es kann nicht das politische Ansinnen sein, die Unter­nehmen insbesondere in der Corona-Krise einerseits mit notwendigen Liquiditätshilfen zu unterstützen und ihnen diese Liquidität durch klimapolitische Maßnahmen sogleich wieder zu entziehen. Jeder Euro, der den Unter­nehmen durch eine solche bürokratische Regelung entzogen wird, fehlt schmerzlich für dringend benötigte Investitionen. Die Regelung steht klar im Widerspruch zum Ziel der Bundesregierung, die Unter­nehmen gerade in der Krise zu stützen.“

Der VhU-Energieausschuss unterstützt die Aufforderung der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD, bis zum Ende des Jahres die angekündigten Entlastungsverordnungen zu beschließen. Konkret muss die Bundesregierung ihre Eckpunkte zu einer Regelung zum Schutz vor Emissionsverlagerung aber an drei zentralen Stellen wesentlich verbessern:

1.    Direkter finanzieller Ausgleich statt Unter­nehmen mit weiteren unternehmensindividuellen Prüfung zu gängeln.

2.    Vorab-Befreiung für Anlagen im europäischen Emissionshandel statt Unter­nehmen durch nachträgliche Erstattung Liquidität zu entziehen.

3.    Wirksamer Schutz vor Produktionsverlagerungen statt den Industriestandort Deutschland mit der vorgesehenen Kaskade an Kürzungen des Carbon-Leakage-Schutzes fahrlässig in Gefahr zu bringen.


Weitere Informationen finden Sie in der Position des VhU-Energieausschusses zum nationalen Brennstoffemissionshandel:  „Klimaschutz geht wirksamer! Nationaler CO2-Deckel für Wärme und Verkehr mit verbindlichem Reduktionspfad ohne Fixpreise“


Hintergrund:

Gemäß Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) vom 12. Dezember 2019 führt der Bund ab 2021 ein nationales Emissionshandelssystem (nEHS) für Brennstoffemissionen im Bereich Wärme und Verkehr ein. Erfasst werden die Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brenn- und Kraftstoffe. In den Jahren 2021 und 2022 werden zunächst nur die Emissionen der Hauptbrennstoffe Ottokraftstoffe, Diesel, Erdgas und Heizöl erfasst, ab 2023 kommen weitere Brennstoffe hinzu. Teilnehmer am nEHS sind die Inverkehrbringer oder Lieferanten der Brenn- und Kraftstoffe. Dies ist ein wichtiger Unterschied zum europäischen Emissions-handelssystem (EU-ETS), der den CO2-Ausstoß direkt bepreist. Das nEHS setzt dagegen beim Inverkehrbringen fossiler Brennstoffe an, nicht am Ausstoß selbst. Wegen dieser Systemunterschiede kommt es zu finanziell erheblichen Doppelbelastungen von Unter­nehmen, die beide Systeme anwenden müssen.

Der Preis für die CO2-Emissionszertifikate ist bis mindestens 2026 gesetzlich festgeschrieben. Im Dezember 2019 einigten sich Bund und Länder im Vermittlungsausschuss auf einen Preis von 25 Euro pro Tonne CO2 ab Januar 2021. Danach steigt der CO2-Preis schrittweise auf 55 Euro im Jahr 2025 an. Für das Jahr 2026 ist ein Preiskorridor zwischen 55 und 65 Euro vorgesehen. Diese Einigung wird aktuell durch eine Novellierung des BEHG umgesetzt. Zudem werden wichtige Schutzmechanismen zum BEHG derzeit in Verordnungen konkretisiert, u.a. Regelungen zur Vermeidung von Doppelbelastungen für EU-ETS-Anlagen (aufgrund der Systemunterschiede) und zum Schutz vor Carbon Leakage (in Übereinstimmung mit dem EU ETS).

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Ansprechpartner
Katharina Peter

Katharina Peter
Leiterin Energie-, Umwelt- und
Klimapolitik