Schutz der Meinungsfreiheit

Pollert: „Bundestag soll Netzdurchsetzungsgesetz von Tagesordnung nehmen. Viel gründlichere Diskussion über Hassrede und Falschmeldungen nötig.“

Frankfurt am Main. Um „Gefahren für die Meinungsfreiheit abzuwenden“, ruft die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) die hessischen Bundestagsabgeordneten auf, die morgen geplante 1. Lesung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes im Bundestag von der Tagesordnung zu nehmen und das Gesetz nicht mehr vor der Sommerpause durchzupeitschen. „Nötig ist eine gründlichere Diskussion über das leider gravierende Problem absichtlicher Falschmeldungen und Hassrede im Internet, über geeignete Maßnahmen zur Prävention und Sankti-on und die Abwägung mit der Meinungsfreiheit“, sagte VhU-Hauptgeschäftsführer Dirk Pollert.

Eine Gesamtstrategie sei notwendig, um Hassrede und absichtliche Falschmeldungen im Netz so weit wie möglich einzudämmen. Pollert: „Da besteht Handlungsbedarf. Aber der Gesetzentwurf genügt nicht dem Anspruch, die Meinungsfreiheit adäquat zu wahren. Es geht um Probleme der Gesellschaft, die können nicht allein durch Internetdiensteanbieter angegangen werden. Staat, Zivilgesellschaft und Anbieter müssen kooperieren. Ein gesetzgeberischer Schnellschuss wäre jetzt ganz falsch.“

Es sei Aufgabe der Justiz, zu entscheiden, was rechtswidrig oder strafbar ist und was nicht. Pollert: „Die Durchsetzung solcher Entscheidungen darf nicht an einer mangelnden Ausstattung der Justiz scheitern. Den Anbietern von Internetdiensten kommt bei der Bekämpfung rechtswidriger Inhalte eine wichtige Rolle zu, indem sie diese löschen bzw. sperren. Sie sollten jedoch nicht mit der staatlichen Aufgabe betraut werden, Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit von Inhalten zu treffen, wie es der Gesetzentwurf vorsieht.“

Die Androhung hoher Bußgelder – von bis zu 50 Mio. Euro bei Unter­nehmen – in Verbindung mit allzu kurzen Reaktionsfristen verstärke die Gefahr, dass sich Plattformbetreiber im Zweifel zu Lasten der Meinungsfreiheit und für die Löschung oder Sperrung solcher Inhalte entschieden, die sich im Graubereich befänden.

Pollert betonte: „Meinungsfreiheit geht so weit, dass eine plurale Gesellschaft auch Inhalte aushalten muss, die nur schwer erträglich sind, sich aber im Rahmen der gesetzlichen Regelungen bewegen. Die Meinungsfreiheit jedes Einzelnen und die Informationsfreiheit aller dürfen nicht unangemessen darunter leiden, dass gegen rechtswidrige oder strafbare Inhalte vorgegangen wird. Gerade bei solchen Inhalten, bei denen die Rechtswidrigkeit nicht, nicht schnell oder nicht sicher festgestellt werden kann, sollte kein Motto ‚Im Zweifel löschen oder sperren‘ bestehen.

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