VhU zu den Sozialwahlen 2023: Für wirtschaftliche und wirksame Sozialleistungen

Roland Walter: „Beitragszahler in den Sozialbehörden wachsame Wächter über ihr eigenes Geld!“ // Weniger Staatseinfluss beim Medizinischen Dienst // Effizientes Verwaltungsratsmodell auch auf Renten- und Unfallversicherung übertragen

Frankfurt am Main. Die Interessenvertretung der Beitragszahler in den Sozialbehörden ist strategisch wichtig für wirtschaftliche und wirksame Sozialleistungen und das Ziel, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag unter 40 Prozent zu halten. Die Arbeitgeber haben ein hohes Interesse an einem bezahlbaren Sozialsystem mit qualitativ guten Leistungen. Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V. (VhU) hat auf einer virtuellen Pressekonferenz ihre Position „Sozialwahlen 2023: Für wirtschaftliche und wirksame Sozialleistungen – mit schlagkräftiger Arbeitgebervertretung in Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung“ vorgelegt und Modernisierungslösungen vorgeschlagen. Die Sozialversicherungsträger bewegen für Rente, Gesundheit, Pflege und bei Arbeitslosigkeit jedes Jahr über 700 Mrd. Euro bundesweit. In Hessen sind die Haushalte der Deutschen Rentenversicherung Hessen und der AOK Hessen mit über 12 bzw. über 7,5 Mrd. Euro die zweit- und drittgrößten öffentlichen Haushalte nach dem Landeshaushalt.

Die Beitragszahler entscheiden beispielsweise in den Krankenkassen über die Höhe des Zusatzbeitragssatzes, in der Unfallversicherung über den Gefahrtarif und Unfallverhütungsvorschriften sowie in der Rentenversicherung über den Betrieb von Reha-Kliniken. Außerdem entscheiden sie darüber, wieviel Personal erforderlich ist. Die Beitragszahler wählen die hauptamtliche Behördenspitze.

„Deshalb ist es folgerichtig, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Zahler und Nutznießer von Leistungen der Sozialversicherungsträger über deren Finanzen und Organisation bestimmen. Dieses Selbstverwaltungsmodell garantiert – gegenüber einer Staatsverwaltung - weitgehende Unabhängigkeit von Politik- und Staatseinfluss und langfristig sachgerechte Entscheidungen. Die Beitragszahler haben auch gegenüber Politik und Gesetzgeber eine Wächterfunktion über die ordnungsgemäße Verwendung ihrer Beiträge. Dies geht bis hin zu einem Klagerecht gegen Gesetze, mit denen Beiträge zweckentfremdet werden sollen. Leider sind dies keine bloß theoretischen Fälle“, erklärte Roland Walter, Geschäftsführender Gesellschafter Walter Verpackungen, Offenbach und Präsidiumsmitglied der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU).

„Darüber hinaus gibt es auch einigen Modernisierungsbedarf in den Strukturen der Selbstverwaltung“, ergänzte VhU-Hauptgeschäftsführer Dirk Pollert. „So muss der Bundesgesetzgeber die Schwächung der Selbstverwaltung bei der Kontrolle der Krankenkassenausgaben zurück­nehmen. Patienten- und Ärztevertreter haben im Verwaltungsrat des Medizinischen Dienstes (MD) als wichtigster Kontrollbehörde im Gesundheitswesen nichts zu suchen. Ihre Expertise können sie in einem Beirat einbringen. Ebenso müssen die willkürlichen und gängelnden Beschränkungen bei der Entsendung von Krankenkassen-Vertretern in den Verwaltungsrat des MD beendet werden. Wir werben ausdrücklich auch um mehr ehrenamtliches Engagement von Frauen in den Selbstverwaltungsgremien. Denn in den Unter­nehmen sind Frauen zu Recht auf allen Ebenen auf dem Vormarsch, in den Selbstverwaltungsgremien der Sozialversicherungs¬träger aber leider noch viel zu selten vertreten. Eine starre Quote lehnen wir jedoch ab, weil sie in vielen Bereichen der Wirtschaft nicht die derzeitige Realität widerspiegelt.“

Roland Walter: „Modernisiert werden müssen auch die Strukturen in der Renten- und Unfallversicherung. Die seit über 100 Jahren zweigeteilte Selbstverwaltung aus ehrenamtlicher Vertreterversammlung und ehrenamtlichem Vorstand muss in das eingleisige Verwaltungsratsmodell überführt werden, wie dies bei Bundesagentur für Arbeit und Krankenkassen bereits vor langem erfolgreich praktiziert wird. So wird eine unnötige Mehrfachbefassung von Selbstverwaltungsgremien mit denselben Fragestellungen vermieden. Die jetzt als Lebenszeitbeamte amtierenden Geschäftsführer sollten sich alle sechs Jahre einer Wiederwahl stellen und im Angestelltenverhältnis geführt werden. Die Wiederwahl ist möglich. Bundesagentur und Krankenkassen praktizieren dies seit Jahren erfolgreich.“

Pollert abschließend: „Unsere Forderungen richten sich zwar zunächst an den Bundesgesetzgeber und die hessischen Bundestagsabgeordneten. Die hessische Landesregierung sollte die Forderungen aber über Bundesratsinitiativen unterstützen. Und die hessischen Parteien über ihre Verbindungen auf die Bundesebene. Denn funktionierende Sozialbehörden sind für Unter­nehmen und Bürger auch in Hessen von größter Bedeutung und keine Selbstverständlichkeit“.

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Stefan Hoehl

Dr. Stefan Hoehl
Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik