VhU-Bewertung des Koalitionsvertrages

VhU-Position „Bewertung des Koalitionsvertrages von CDU, CSU und SPD vom 09.04.2025

05.05.2025 3 Min. Lesezeit

Zusammenfassung

Deutschland befindet sich mitten in einer Rezession und steht gleichzeitig vor gewaltigen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Die neue Bundesregierung muss sich vorrangig darum kümmern, dass der Wirtschaftsstandort wettbewerbsfähig wird. Denn eine starke Wirtschaft ist die Voraussetzung für Verteidigungsfähigkeit und gesellschaftlichen Frieden.

Im Dezember 2024 hat die VhU in einem umfassenden Positionspapier dargelegt, was es braucht, damit Deutschland wieder zu wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und außenpolitischer Stärke zurückfindet. Auf dieser Basis erfolgt die vorliegende Bewertung des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD vom 9. April 2025.

Der zügige Abschluss der Koalitionsverhandlungen ist zu begrüßen. Das Ziel einer Steigerung des Potenzialwachstums auf deutlich über ein Prozent ist gut. Hierfür braucht es jedoch grundlegende Strukturreformen. Der vorgelegte Koalitionsvertrag bietet dafür Ansätze, bleibt aber bei wesentlichen Weichenstellungen hinter den Notwendigkeiten zurück.

Denn die neuen Schulden bringen nur kurzfristig mehr Haushaltsspielräume, sie ziehen vor allem zusätzliche Zinszahlungen nach sich. Verbunden mit den stark steigenden Steuerzuschüssen in die Sozialversicherungssysteme droht der Bundeshaushalt schon mittelfristig zu ‚versteinern‘. Die Schuldenbremse droht ihre Schutzwirkung nicht nur für künftige Generationen, sondern auch schon für die mittelfristige Handlungsfähigkeit des Staates einzubüßen. Damit wäre der Verteidigungsfähigkeit ein Bärendienst erwiesen.

Deshalb muss klar sein: Die neuen Schulden verringern den Reformdruck nicht, sondern erhöhen ihn dramatisch. Deutschland ist auf einen kräftigen und nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung angewiesen, um handlungs- und verteidigungsfähig zu bleiben. Es ist richtig, dass die neue Regierung das Bürgergeld abschaffen, Arbeitsanreize stärken und die Elemente Fördern und Fordern wieder ins Gleichgewicht bringen möchte. Die Digitalisierungsoffensive und die Weichenstellungen in den Bereichen Bildung und Wissenschaft werden dazu beitragen, Deutschland moderner und innovativer zu machen.

Bei der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur sowie der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sind Fortschritte erkennbar. Auch beim Abbau von Bürokratie und Berichtspflichten geht es in die richtige Richtung. Der ‚Investitions-Booster‘ ist ein gutes, aber kurzfristig angelegtes Signal.

In der Energiepolitik werden einige gute Maßnahmen adressiert, etwa die Senkung der Stromnetzentgelte oder die Abschaffung der Gasspeicherumlage. Jedoch bleiben die bestehenden teuren Widersprüche der planwirtschaftlichen Energiewende bestehen. Die dringend notwendige Kurskorrektur in der Energie- und Klimapolitik ist nicht zu erkennen.

Die von der VhU eingeforderten deutlichen Richtungswechsel in der Finanz- und Steuerpolitik sind im vorliegenden Koalitionsvertrag ebenfalls nicht zu erkennen: Ein wettbewerbsfähiger Unternehmenssteuersatz von 25 Prozent wäre ein entscheidendes Investitionssignal gewesen. Die angekündigten Senkungen kommen (wenn überhaupt) zu spät, eine Finanztransaktionssteuer schadet dem Finanzplatz Hessen besonders.

In der Arbeits- und Sozialpolitik bleibt die Frage unbeantwortet, wie angesichts des demographischen Wandels die Beitragssätze dauerhaft auf ein wettbewerbsfähiges Maß von unter 40 Prozent gesenkt werden können. Im Gegenteil: Die Ausweitung der Mütterrente und die Beibehaltung der abschlagsfreien Frühverrentung verschärfen die Probleme weiter. Die dringend notwendige Modernisierung und Flexibilisierung des Arbeitsrechts wird auf Basis des vorliegenden Koalitionsvertrags nicht gelingen. Ankündigungen zum Mindestlohn und zur Stärkung der Tarifbindung sind kontraproduktiv.

In Summe ergibt sich ein gemischtes Bild: Vielen guten Vorhaben im Kleinen stehen ausbleibende Richtungswechsel im Großen gegenüber. In den kommenden Jahren muss der volle Fokus des Regierungshandelns auf wirtschaftliche Stärke, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum liegen, um dauerhaft handlungs- und verteidigungsfähig zu bleiben.

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