Stellung zum Entwurf der Landesregierung zur Umwandlungs- und Gebietsbestimmungsverordnung - Gemeinsame Verbändestellungnahme zum Gesetzentwurf vom 14.02.2022
Umwandlungs- und Gebietsbestimmungsverordnung
Der zunehmende Fachkräftemangel wird immer stärker durch Wohnungsmangel angeheizt. Unternehmen können offene Stellen oftmals nicht besetzen, weil Wohnungen für künftige Mitarbeiter fehlen. Wegen dieser grundsätzlichen Bedeutung des Wohnungsmarktes für den Wirtschaftsstandort Hessen, nehmen die unterzeichnenden Verbände Stellung zum Entwurf der Landesregierung zur Umwandlungs- und Gebietsbestimmungsverordnung:
Die Umwandlung von Mehrfamilienhäusern mit mehr als sechs Wohnungen in Eigentumswohnungen soll laut Regierungsentwurf künftig eingeschränkt werden. Die sehr eng gefassten Voraussetzungen zur Genehmigung von Umwandlungen dürften in der Praxis zu einem Umwandlungsverbot führen. Das ist ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Eigentumsfreiheit. Um den Wohnungsmangel zu entspannen, braucht es zusätzliche Wohnungen, die vor allem durch Neubau an den Markt gehen. Die nötigen Anreize für private Investoren werden mit Markteingriffen wie Mietpreisbremse, Kappungsgrenze und lokalen Auflagen jedoch immer weiter geschwächt.
Deswegen sind die Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten in Hessen immer mehr und größer geworden. In diesem Gebiet gelten die Mietpreisbremse, die abgesenkte Kappungsgrenze sowie die verlängerte Kündigungssperrfrist. 2015 waren noch 16 hessische Kommunen mit rund 1,9 Millionen Einwohnern davon betroffen, im Jahr 2019 waren es bereits 31 Kommunen mit rund 2,2 Millionen Einwohnern. Seit November 2020 gilt die Mieterschutzverordnung in 49 Kommunen mit rund 2,4 Millionen Einwohnern. Diese Entwicklung zeigt, dass der hessische Weg immer weiterer Markteingriffe die Situation am Wohnungsmarkt in den letzten Jahren verschlechtert und nicht verbessert hat, wie auch bei Markteingriffen zu erwarten war. Die Regulierung des Wohnungsmarktes in Hessen wurde immer stärker ausgeweitet. Da wo aktuell bereits in die Mietpreise eingegriffen wird, will die Landesregierung noch stärker in die Eigentumsrechte eingreifen und Wohnungsumwandlungen einschränken
Insbesondere für Kleinvermieter wird die Vermietung durch zunehmende Regulierung immer unattraktiver. Als direkte Anpassungsreaktion drohen Kleinvermieter vermehrt ihren Wohnungsbestand zu veräußern. Anstelle die Spirale aus Regulierung-Anpassungsreaktion-weiterer Regulierung immer weiter zu drehen, sollte Wohnungsmangel durch einen Fokus auf zusätzliche Wohnungen angegangen werden.
Die vorgesehene Regelung, Wohnungsumwandlungen in Wohngebäuden mit mehr als sechs Wohnungen unter einen Genehmigungsvorbehalt zu stellen, würde laut Ihrer Aussage im Wirtschafts- und Verkehrsausschuss vom 19.01.2022 rund 171.000 Wohnungen betreffen. Insgesamt gibt es rund 511.000 Wohnungen in Wohngebäuden mit mehr als sechs Wohnungen im Gebiet der 49 Kommunen.
Die unmittelbare Wirkung des Umwandlungsverbotes wird sich insbesondere auf die großen Städte und Gemeinden konzentrieren, wo Wohngebäude in die Höhe gebaut werden, um knappe Flächen optimal auszunutzen und Wohngebäude über viele Wohnungen verfügen. In Frankfurt befinden sich 64 Prozent aller Wohnungen in Wohngebäuden mit mehr als sechs Wohnungen. In Offenbach beträgt der Anteil 60 Prozent, in Wiesbaden 54 Prozent. Der Kauf einer Wohnung aus einer bereits bestehenden Immobilie ist neben dem Neubau die maßgebliche Möglichkeit, um Wohneigentum zu erwerben. Gerade in älteren Häusern entstehen so oft vergleichsweise günstigere Eigentumswohnungen. Für viele Mieter sind Umwandlungen oft die einzige Chance auf den Erwerb einer eignen Wohnung. Durch den Umwandlungsvorbehalt wird dies erheblich erschwert.
Als weitere Wirkung des Umwandlungsverbotes ist zu erwarten, dass die Nachfrage nach Wohneigentum in den nicht betroffenen Gebieten steigen wird, was dort die Preise für Bestandsimmobilien stärker steigen lässt. Auch dürften in den betroffenen Gebieten die Preise für neugebaute Wohnungen sowie Baulandpreise nochmals weiter steigen, da die Möglichkeit zum Erwerb von Wohneigentum beschränkt ist. Damit können weniger Personen zu ihrer eigenen Altersvorsorge Wohnraum erwerben.
Wenn die Landesregierung die Umwandlung von Wohnungen erschweren will, was wir ablehnen, dann sollte zumindest der Grenzwert auf 15 Wohnungen angehoben werden. Andernfalls wären insbesondere Kleinvermieter vom Eingriff in ihre Eigentumsrechte betroffen, was die benötigte Investitionsbereitschaft in Wohnungen weiter bremsen dürfte. Alles, was private Investitionen in Wohnungen erschwert, erschwert es Unternehmen, Fachkräfte zu finden. Wir bitten, diese Anregungen in die weiteren Abstimmungsprozesse der Landesregierung einfließen zu lassen.
Die Befürchtung, dass die sehr eng gefassten Voraussetzungen zur Genehmigung von Wohnungsumwandlungen de facto einem Umwandlungsverbot gleichkommen, haben wir bereits geäußert. Sie stellen fest, dass der § 250 BauGB die Interessen von sowohl Mietern als auch Vermietern gleichermaßen berücksichtigt. Deswegen wollen wir auf eine entscheidende Gruppe am Wohnungsmarkt eingehen, die bislang unberücksichtigt blieb: die Wohnungssuchenden.
Viele Unternehmen im Ballungsraum suchen Fachkräfte – und diese brauchen eine Wohnung. Hierfür braucht es zusätzliche Wohnungen, die nur durch Neubau an den Markt gehen. Die nötigen Investitionsanreize hierfür werden mit Markteingriffen wie Mietpreisbremse, Umwandlungsverboten und lokalen Auflagen jedoch immer weiter geschwächt. So berichtete zuletzt Rainer Schulz in „Die Wohnungsbau-Misere“ (FAZ, 21.06.2021) davon, dass der Frankfurter Baulandbeschluss nach einem Jahr des Inkrafttretens noch nicht einmal angewendet wurde – weil Investoren mittlerweile einen Bogen um Frankfurt machen. Das Nachsehen haben häufig Wohnungssuchende und in der Folge Unternehmen mit offenen Stellen. Gerade in den Ballungsräumen ist es deswegen nötig, nicht weiter in Eigentumsrechte und Investitionsanreize einzugreifen.
Ein zweiter Aspekt betrifft die Stellschraube, die die Landesregierung ganz konkret justieren kann: die Anzahl der Wohnungen pro Wohngebäude, ab welcher der so genannte Genehmigungsvorbehalt in den entsprechenden Gebieten gelten soll. Laut Zensus 2011 stellen Wohngebäude mit sieben und mehr Wohnungen rund 27 Prozent aller Wohnungen in Hessen. In Städten wie Frankfurt, Offenbach oder Wiesbaden ist dieser Anteil jedoch mehr als doppelt so hoch – hier befindet mehr als jede zweite Wohnung in einem Mehrfamilienhaus mit sieben und mehr Wohnungen.
In seiner Wirkung betrifft das de-facto-Umwandlungsverbot die Gebiete umso mehr, die effizient mit knappen Flächen umgehen und in denen Wohngebäude in die Höhe gebaut wurden, die im Durchschnitt dann eine höhere Anzahl an Wohnungen pro Ge-bäude aufweisen. Würde ein ähnlicher Maßstab für Gebiete mit „angespannten Wohnungsmärkte“ wie in der hessischen Mieterschutzverordnung, die mittlerweile 49 Gemeinden umfasst, angelegt, dann dürfte der Erwerb von Wohneigentum aus Mehrfamilienhäusern insbesondere in vielen Zentrumslagen im Ballungsraum deutlich eingeschränkt werden.
Das de-facto-Umwandlungsverbot droht, Wohnungssuchende zu benachteiligen, und es dürfte mit Blick auf die befürchtete räumliche Konzentration auch darüber hinaus zu ungewollten Konsequenzen führen, die derzeit noch nicht absehbar sind. Wir bitten darum, diese Anregungen in die weiteren Abstimmungsprozesse der Landesregierung einfließen zu lassen.