Position der VhU zu Gesetzliche Pflegeversicherung mit kapitalgedeckter Vorsorge ergänzen vom 18.11.2025
Gesetzliche Pflegeversicherung mit kapitalgedeckter Vorsorge ergänzen
Zusammenfassung
Eine nachhaltig und stabil finanzierte Pflegeversicherung ist von großer gesamtgesellschaftlicher Bedeutung, insbesondere für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, Pflegeeinrichtungen sowie für die Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Beitragszahler.
In einer schnell alternden Gesellschaft wird die Umlagefinanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung zu einem doppelten Problem. Die Finanzierungserfordernisse steigen künftig noch sehr viel stärker als bislang ohnehin. Denn vor allem hochbetagte Menschen sind vom Pflegefallrisiko betroffen. Wenn diese Altersklassen künftig stärker besetzt werden, stößt die umlagefinanzierte Pflegeversicherung an ihre Leistungsgrenzen. Das aber bedroht die Akzeptanz des Systems vor allem bei den nachfolgenden Generationen. Denn vor allem die schwächer besetzten, jüngeren Jahrgänge werden mit immer höheren Beitragslasten konfrontiert und müssen über den Lebenszyklus deutlich mehr zahlen als ihre Eltern- und Großeltern. Dagegen erlangen die heute Hochbetagten vollen Leistungsanspruch, obwohl sie erst seit 1995 Beiträge in die gesetzliche Pflegeversicherung einzahlen. Und auch die Babyboomer haben von bislang vergleichsweise niedrigen Beitragssätzen profitiert.
Um nachfolgende Generationen nicht mit stetig steigenden Beitragslasten zu überfordern, muss der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung eingefroren werden. Weiterhin muss auch eine außerordentliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung unterbleiben, die nichts anderes wäre als eine versteckte Beitragserhöhung. Zur Finanzierung der altersbedingt steigenden Pflegekosten braucht es dann eine zweite Finanzierungssäule. Diese ist im Anwartschaftsdeckungsverfahren, also kapitalgedeckt über Prämien statt Beiträge, zu finanzieren. Nur so lässt sich die Spirale der intergenerativen Lastverschiebung durchbrechen. Ein steuerfinanzierter sozialer Ausgleich kann dafür sorgen, dass einzelne Versicherte nicht finanziell überfordert werden.
Eine zusätzliche kapitalgedeckte Vorsorge bietet auch den Vorteil, dass die Beitragszahler eigene, individuell zugeordnete Ansprüche für ihre Pflegevorsorge erwerben. Diese sind eigentumsrechtlich geschützt vor einem Zugriff der Politik und einer Verwendung zugunsten anderer Kohorten. Dies ist ein fundamentaler Unterschied zum umlagefinanzierten Verfahren.
Gleichzeitig wird so auch die immer stärkere Belastung des Faktors Arbeit durch steigende Pflegeversicherungsbeiträge gestoppt. Denn trotz einer (erneuten) Beitragssatzsteigerung im Jahr 2025 ist die Pflegeversicherung schon wieder defizitär und nur durch Notoperationen wird die nächste Beitragssatz-Erhöhung verschleppt. Der bereits auf über 42 Prozent gestiegene Gesamtsozialversicherungsbeitrag – der ohne Strukturreformen mittelfristig auf bis zu 50 Prozent zu steigen droht – wird selbst zu einem immer größeren Arbeitsplatz- und Standortrisiko. Dabei ist die Abgabenlast in Deutschland auch im internationalen Vergleich bereits jetzt rekordverdächtig hoch.
Jede weitere Belastung des Faktors Arbeit durch einen weiter steigenden Pflegeversicherungsbeitrag ist auch deshalb abzulehnen, weil eine Verantwortung des Arbeitgebers für das Pflegerisiko des Arbeitnehmers nicht erkennbar ist. Auch deshalb muss es bei dem Teilleistungsmodell bleiben. Kurz- bis mittelfristig muss der Bund außerdem die Finanzierungslast von versicherungsfremden Leistungen, wie z. B. von Rentenbeiträgen für pflegende Angehörige, übernehmen. Zudem muss der Bund endlich die pandemiebedingten Zusatzkosten der Pflegekassen ausgleichen.
Langfristig sollte die gesetzliche Pflegeversicherung durch die Schaffung eines Nachhaltigkeitsfaktors stabilisiert werden. Hierdurch würden Anpassungen der Pflegeleistungen gedämpft, wenn die Anzahl der Pflegebedürftigen stärker stiege als die der Beitragszahler.
Jenseits der Finanzierungsfragen sind Strukturreformen notwendig, die das Ausgabenwachstum bremsen. Marktwirtschaftliche Anreize können helfen, die Versorgung effizienter zu organisieren. Denn auch im Pflegesektor gilt, dass knappe Beitragsmittel möglichst wirtschaftlich einzusetzen sind (vgl. § 29 Abs. 1 SGB XI).
Zudem müssen die vorhandenen Reserven für mehr Pflegequalität und Effizienz besser gehoben werden: auch in der sozialen Pflegeversicherung braucht es einen Kosten-, Preis- und Qualitätswettbewerb für kostengünstige, qualitativ hochwertige und leistungsfähige Versorgungsstrukturen. Ferner müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung in der Pflege noch besser genutzt werden. Zudem sollten Pflegekassen Betrugsfällen besser vorbeugen, damit sich nicht einzelne schwarze Schafe auf Kosten der Solidargemeinschaft bereichern.
Neben öffentlichen und freigemeinnützigen Pflegeunternehmen sind private Pflegeunternehmen ein unverzichtbarer Bestandteil für eine qualitativ gute und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Bevölkerung. Eine stabile Finanzierung der Pflegeversicherung kommt den Versicherten durch eine bessere Planbarkeit ebenso zugute, wie den Unternehmen der Pflegebranche.
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