Um den Anstieg der Kosten für Wohnungen, Straßen, Schienen, Brücken und Industriegüter zu begrenzen, fordert Hessens Wirtschaft die Sicherung der heimischen Rohstoffgewinnung und eine ortsnahe Entsorgung für Bauabfälle.
Verbändepressekonferenz Rohstoffpolitik
Frankfurt am Main. Um den Anstieg der Kosten für Wohnungen, Straßen, Schienen, Brücken und Industriegüter zu begrenzen, fordert Hessens Wirtschaft die Sicherung der heimischen Rohstoffgewinnung und eine ortsnahe Entsorgung für Bauabfälle. Mineralische Rohstoffe wie Sand, Kies, Basalt, Kalkstein, Natursteine oder Ton müssen genauso wie Bauabfälle immer öfter über weite Strecken transportiert werden, weil Politik und Behörden die Rohstoffgewinnung in Hessen ebenso wie die Schaffung neuer Deponien und die Verwertung von Erdaushub erschwerten, kritisierten die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) und vier Verbände der Rohstoffwirtschaft aus Hessen.
Sie stellten heute ihre Erwartungen an die Rohstoffpolitik nach der Landtagswahl 2023 vor. Sie fordern schnellere Genehmigungsverfahren für Steinbrüche und Gruben, praxistaugliche Regeln bei der Entsorgung von unbelastetem Erdaushub, mehr Deponien für Bauabfälle, mehr Akzeptanz von Recycling-Baustoffen in Ausschreibungen von Land und Kommunen sowie die Rücknahme der umstrittenen Verschärfung des hessischen Bannwaldgesetzes.
Thomas Reimann, VhU-Vizepräsident und Vorsitzender des VhU-Bau- und Immobilienaus-schusses, sagte: „Wir bitten darum, dass die Parteien unsere Anliegen in ihren Programmen zur Landtagswahl berücksichtigen. Gemeinsames Ziel von Politik und Wirtschaft sollte es sein, den drastisch gestiegenen Baukosten etwas entgegenzusetzen. 300.000 zusätzliche Wohnungen werden bis 2040 allein im Ballungsraum Rhein-Main gebraucht. Zudem sollen Straßen, Schienenwege und Brücken erhalten und ausgebaut werden. Und unter Frankfurt soll ein Fernbahntunnel entstehen. Für all das brauchen wir Sand, Kies, Natursteine und andere mineralische Rohstoffe aus unserer Region. Sonst wird´s noch teurer. Wer mehr bezahlbaren Wohnraum will und die öffentlichen Kassen schonen will, sollte dazu beitragen, die Baukosten zu senken. Die heimische Gewinnung von mineralischen Rohstoffen muss erleichtert und nicht erschwert werden.“
Christoph Hagemeier, Landesvorsitzender des Verbands der Bau- und Rohstoffindustrie vero, warb auch für die heimische Rohstoffgewinnung: „Steinbrüche und Gruben tragen aktiv zum Naturschutz bei. Denn die Flächen werden nur vorübergehend in Anspruch genommen und nach Beendigung des Abbaus rekultiviert. In der Zwischenzeit wird bedrohten Tier- und Pflanzenarten ein dynamischer Lebensraum geboten, der so in der Natur immer seltener zu finden ist. Zudem wird der naturschutzfachliche Wert der Flächen in vielen Fällen sogar erhöht. Die Rekultivierung bietet zudem die Chance, hochwertige und an den Klimawandel angepasste Lebensräume zu schaffen.“
Von der Landesregierung erwartet Hagemeier mehr Unterstützung: „Hessen ist reich an Rohstoffen, die allerdings nur dort gewonnen werden können, wo sie vorhanden sind. Die Landes- und Regionalplanung muss dafür sorgen, dass Rohstoffvorkommen, die perspektivisch gewonnen werden können, langfristig gesichert sind. Die betroffenen Kommunen sollten zudem Anreize oder einen Lastenausgleich dafür bekommen, Rohstoffabbau für die Allgemeinheit in ihren Gemarkungen zu ermöglichen“, so Hagemeier.
Außerdem müssten hausgemachte Kostentreiber bei der Entsorgung von Bauabfällen und Erdaushub endlich angegangen werden. So seien die Kosten für Erdarbeiten in Hessen von 2015 bis 2022 um 62 Prozent gestiegen. Das sei der größte Kostenanstieg über alle Baudienstleistungen. Neben der zeitnahen Schaffung neuer Deponiekapazitäten für Bauabfälle müsse die bisher wenig praxistaugliche Verfüllrichtlinie zukünftig eine einfache und umweltgerechte Verwertung von unbelastetem Erdaushub zur Rekultivierung in ehemaligen Steinbrü-chen und Gruben ermöglichen.
Dr. Matthias Schlotmann, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Steine und Erden Hessen Thüringen sowie des Bundesverbands Keramische Rohstoffe und Industrieminerale, erwartet von der nächsten Landesregierung mehr Tempo bei den Genehmigungsverfahren: „Für viele rohstoffgewinnende Betriebe birgt die Erschließung neuer Lagerstätten ein schwer kalkulierbares Risiko. Verfahren bis zu 15 Jahre sind viel zu lang und widersprechen der sicheren Versorgung der Industrie mit heimischen Rohstoffen. Mineralische Rohstoffe sind jedoch als Vorleistungsgüter für die Industrie nahezu unverzichtbar. Die Genehmigungsbehörden müssen angemessen mit qualifiziertem Personal ausgestattet werden. Dazu muss der Landtag die finanziellen Voraussetzungen schaffen.“
Mit Blick auf den Übergang der „Baby-Boomer-Generation“ in den Ruhestand sagte er: „In den nächsten Jahren gehen der Verwaltung viele erfahrende Praktiker verloren. Das komplizierte Genehmigungsrecht macht es nötig, die Nachbesetzung der Stellen früh anzugehen und den Wissenstransfer in der Verwaltung sicherzustellen.“
Philipp Rosenberg, Geschäftsführer des Industrieverbands Steine und Erden e.V. Neustadt an der Weinstraße appelliert: „Die Akzeptanz von Recycling-Baustoffen muss gestärkt werden. Damit die Verwertungsquoten zumindest auf dem aktuell hohen Niveau bleiben und perspektivisch noch weiter steigen können, muss die praktische Umsetzung optimiert werden, um den Einsatz von Recyclingbaustoffen zu fördern und auf eine funktionierende Kreislaufwirtschaft auszurichten. Gelingt dies nicht, drohen, nach Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung im kommenden Jahr, steigende Stoffstrommengen in Richtung der Deponien.“
Rosenberg sieht auch die Verschärfung des Bannwaldgesetzes vom Februar 2022, mit der der Landtag die Gewinnung von Sand und Kies in Bannwäldern künftig ausschließen will, als den falschen Weg an: „Mittel- bis langfristig wird die Verschärfung des Bannwaldschutzes die sichere Versorgung von Sand und Kies im Großraum Frankfurt gefährden. Längere Transportwege für Rohstoffe stehen im Widerspruch zur Wohnungspolitik und zu den Klimaschutzzielen. Von der Rohstoffgewinnung sind nur 0,5 Prozent der Bannwaldfläche betroffen. Unterm Strich geht durch die Rohstoffgewinnung im Bannwald auch kein Wald „verloren“. Im Gegenteil bieten sich hier Chancen die Rohstoffgewinnung für unseren Wald zu nutzen und diesen im An-schluss an die Gewinnung klimaoptimiert aufzuforsten. Rohstoffgewinnung im Bannwald muss weiterhin möglich bleiben“, sagte Rosenberg.
>>Zu den Statements der Pressekonferenz
Bitte richten Sie Ihre Fragen an
Arbeitgeberverband Steine und Erden Hessen und Thüringen e.V.,
Bundesverband Keramische Rohstoffe und Industrieminerale e.V. (BKRI)
Dr. jur. Matthias Schlotmann, Hauptgeschäftsführer, Telefon: 0611 89085-11, E-Mail: schlotmann@uvsek.de
Industrieverband Steine und Erden e.V.
Philipp Rosenberg LL.M. , Geschäftsführer, Telefon: 06321 852 240, E-Mail: Philipp.Rosenberg@Verband-Steine-Erden.de
vero – Verband der Bau- und Rohstoffindustrie e. V.
Ass. iur. R. Alexander Groß, Geschäftsführer Rohstoffe und Umwelt, Telefon: 0203 99239-0, Mobil: 0151 20561852,
E-Mail: alexander.gross@vero-baustoffe.de
Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V. (VhU), Dr. Ulrich Kirsch, Geschäftsführer Kommunikation und Presse, Telefon: 069 95808-150, Mobil: 0172 7120373, E-Mail: ukirsch@vhu.de
Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V. (VhU), Kai Wächter, Referent Bau-, Immobilien- und Regionalpolitik
Telefon: 069 95898-228, Mobil: 0173 2542279, E-Mail: kwaechter@vhu.de