Pollert: „Fachkräftesicherung beginnt im Inland // Abwanderung Hochqualifizierter mit kluger Standortpolitik aufhalten“
VhU zu den Arbeitsmarktzahlen im Juli 2022 in Hessen
Frankfurt am Main. Die Zahl der Arbeitslosen ist im Juli um rund 8.100 auf rund 167.000 gestiegen. Rund 54.600 offene Stellen sind bei den Arbeitsagenturen gemeldet. Einschließlich der nicht bei den Arbeitsagenturen gemeldeten Stellen werden rund 120.000 Arbeitskräfte in Hessen gesucht.
„Die Abwanderung von gut qualifizierten Inländern muss uns zu denken geben und handeln lassen: Vor allem darf die im internationalen Vergleich sehr hohe Abgabenlast in Deutschland – ein Durchschnittsverdiener muss rund die Hälfte seines Einkommens an den Staat abgeben – nicht noch weiter steigen. Dazu muss der Gesamtsozialversicherungsbeitrag bei unter 40 Prozent gehalten werden mit Strukturreformen und mehr Effizienz in den sozialen Sicherungssystemen. Zudem brauchen wir ein Moratorium für neue Leistungsversprechen, denn die sozialen Sicherungssysteme stehen bereits mit dem Status quo am Rande ihrer Finanzierbarkeit“, sagte Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V.
Hessen habe seit dem Jahr 2005 einen negativen Wanderungssaldo von jährlich rund 8.000 Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft, darunter drei Viertel mit akademischem Abschluss. Bundesweit verlassen jährlich 50.000 Deutsche mehr unser Land, als zurückkehren. Hauptzielländer seien die Schweiz, die USA, Österreich und Großbritannien.
„Viele dieser abgewanderten Personen stehen dem Arbeitsmarkt langfristig nicht mehr zur Verfügung, obwohl der deutsche Staat meist viel Geld in deren Ausbildung investiert hat. Besonders schmerzhaft: insbesondere Beschäftigte im IT- und MINT-Bereich, die wir so dringend brauchen, kehren oft nicht mehr nach Deutschland zurück. Das ist für unseren Arbeitsmarkt verschenktes Potenzial, das wir kaum ersetzen können. Deshalb muss unser Land als Fachkräfte-Standort attraktiver werden, gerade für die jungen Akademiker, die mobil sind und sich wegen der hohen Arbeitskräftenachfrage Arbeitgeber und Arbeitsort aussuchen können“, so Pollert.
„Auch alle hiesigen Potenziale müssen weiter gehoben werden – unter anderem mit mehr dualer Ausbildung, mehr Frauenerwerbsbeteiligung und einem längeren Erwerbsleben. Wenn wir alle Ansätze kombinieren – also mehr Fachkräftezuwanderung und eine bessere Ausschöpfung des inländischen Potenzials – haben wir eine Chance, den Fachkräftemangel spürbar abzumildern“, so Pollert abschließend.