Pollert: Aus der stillen Reserve den Schritt in den Arbeitsmarkt wagen – bessere Reha-Maßnahmen und Kinderbetreuung, flexibleres Arbeitszeitrecht helfen dabei
Arbeitsmarkt im Juni
Frankfurt am Main. Im Juni 2024 waren rund 192.000 Personen arbeitslos, rund 300 mehr als im Vormonat. Hessenweit sind über 100.000 Stellen unbesetzt.
„In Hessen gibt es schätzungsweise 250.000 Personen, die sich Arbeit wünschen, aber nicht aktiv danach suchen oder die etwa wegen Betreuungspflichten verhindert sind. Für die hessischen Unternehmen ist dies in Zeiten eines stärker werdenden Fachkräftemangels auch deshalb ein interessantes Potential, weil viele gut qualifiziert sind. Wer in der stillen Reserve ist, sollte überlegen, ob er oder sie nicht – erneut – den Schritt Richtung Arbeitsmarkt wagen sollte. Denn Arbeit ist mehr als Geldverdienen, es bedeutet auch neue soziale Kontakte und Sinnstiftung“, erklärte Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU).
„Stehen gesundheitliche Probleme einer Arbeitsaufnahme im Weg, kann etwa die Deutsche Rentenversicherung durch Reha-Maßnahmen helfen. Bei befristeten Erwerbsminderungsrenten sollte die Deutsche Rentenversicherung aktiv den Kontakt suchen und Wege zurück in Arbeit ausloten, auch in Zusammenarbeit mit den Arbeitsagenturen und Jobcentern. Ein weiteres Thema für viele in der stillen Reserve ist die Kinderbetreuung, die von Land und Kommunen flächendeckend ausgebaut werden muss“, sagte Pollert.
Eine wichtige Stellschraube sei auch das Arbeitszeitrecht, so Pollert: „Der Bundesgesetzgeber sollte hier für mehr Freiheit und Flexibilität gerade auch der Arbeitnehmer sorgen und wie im Europarecht erlaubt endlich von der Tages- auf die Wochenbetrachtung umstellen. Zudem sollten geringfügige Arbeiten in der Ruhezeit erlaubt sein, ohne dass diese erneut zu laufen beginnt. Dann könnten berufstätige Eltern etwa nachmittags die Kinderbetreuung organisieren und abends eine E-Mail schreiben.“
Weiterführende Informationen: Die sog. „Stille Reserve“ umfasst Personen ohne Arbeit, die zwar kurzfristig nicht für den Arbeitsmarkt verfügbar sind oder momentan nicht aktiv nach Arbeit suchen, sich aber trotzdem Arbeit wünschen. Sie zählen deshalb nicht zu den Erwerbslosen, sondern als gesonderte Gruppe, die ein weiteres ungenutztes Arbeitskräftepotenzial darstellt (vgl. Destatis-Pressemitteilung Nr. 192 vom 16. Mai 2024).