Zusammenfassung

Der Wirtschafts­standort Hessen steht gut da und gehört zu den drei wirtschaftsstärksten Ländern Deutschlands. Zuletzt konnte das wirtschaftliche Wachstum aber nicht mehr mit dem durchschnittlichen Wachstum der anderen Länder mithalten. Nötig sind mehr private und öffentliche Investitionen. Hessen muss dazu die strukturellen Rahmenbedingungen verbessern.

Die Landespolitik hat eine ganze Reihe an Handlungsoptionen: Im Bereich der öffentlichen Finanzen geht es darum, die günstige Lage zu nutzen, um die Konsolidierung fortzusetzen, die Investitionsquote zu erhöhen und die Steuerquote zu senken. Land und Gemeinden bestimmen die standortrelevante Grunderwerbsteuer, die Gewerbesteuer und die Grundsteuer. Bürger und Betriebe sollten entlastet werden, um die privaten Investitionen in Hessen zu steigern.

Die öffentliche Infrastruktur weist Mängel auf, die die Geschäftsabläufe der Unter­nehmen beeinträchtigen. Aufgrund von Staus kommt es zu Verzögerungen in der Logistik, zudem fehlen Kapazitäten. Zahlreiche Verkehrsprojekte des Bundesverkehrswegeplans werden bislang nicht umgesetzt. Hier besteht großer Investitionsbedarf; gleiches gilt für den Breitbandausbau. Viele hessische Regionen sind schlecht versorgt, was die digitale Vernetzung der Unter­nehmen erschwert.Auch die Digitalisierung der  öffentlichen Verwaltung kommt nur schleppend voran.

Hessen braucht bessere Bedingungen für Innovationen. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung,die Zahl technologieorientierter Neugründungen und der Anteil der Digitalpatente bleiben hinter führenden Innovationsstandorten zurück. Die Landesregierung sollte in Hessen Netzwerke stärker unterstützen und im Bund einer steuerlichen F&E‐Förderung zustimmen.

Auf dem hessischen Wohnungsmarkt, insbesondere in den Ballungsräumen, besteht ein Mangel an günstigem Wohnraum, was die Fachkräftesicherung der Unter­nehmen erschwert. Der Neubau von Wohnungen muss deutlich beschleunigt werden. Dazu müssen in den Ballungsräumen die Kommunen mehr Neubaugebiete ausweisen. Das Land sollte dafür finanzielle Anreize geben. Die infrastrukturellen Rahmenbedingungen, etwa der ÖPNV, sollten verbessert werden, um den Zuzugsdruck in die Städte zu mildern und ländliche Räume aufzuwerten.

In der Energie‐ und Klimapolitik ist es die vorrangige Aufgabe der hessischen Landesregierung, effizientere Instrumente über ihre Rolle im Bundesrat durchzusetzen, um die staatlich bedingte Strompreisverteuerung zu verringern. Bestehende Mängel – wie hohe und ineffiziente EEG‐Zahlungen und teure Netzengpässe – lassen sich nur durch bundespolitisches Engagement beheben. Die Landesregierung sollte für einen raschen und kostengünstigen Ausbau des Stromnetzes eintreten. Beim Klimaschutz muss sie anerkennen, dass effektive und wirtschaftliche Maßnahmen nicht regional oder national, sondern nur auf Ebene der EU greifen können.

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Hessen ist eines der wirtschaftlich erfolgreichsten und attraktivsten deutschen Bundesländer. Unter den Flächenländern liegt Hessen in der Spitzengruppe mit den beiden südlichen Bundesländern.

Die Schulden von Land und Gemeinden beim nicht‐öffentlichen Bereich betrugen in Hessen zum Jahresende 2017 rund 58 Milliarden Euro. Davon entfielen rund 41 Milliarden Euro auf das Land und 17 Milliarden Euro auf die Gemeinden. Je Einwohner ergibt sich dara

Hessen hat im Vergleich zu den anderen Flächenländern einen überproportionalen Anstieg der Steuerquote zu verzeichnen. Diese ist von 9,4 Prozent im Jahr 2010 auf 11,6 Prozent gestiegen und liegt somit im Jahr 2017 am höchsten.

Die Pro‐Kopf‐Investitionen im Jahr 2017 sind in Bayern mit 972 Euro am höchsten und in Niedersachsen mit 485 Euro am niedrigsten. Hessen liegt mit 632 Euro nur leicht darüber. Im Jahr 2010 betrugen die Investitionsausgaben noch fast 80 Euro mehr pro Kopf.

Die Investitionstätigkeit von Land und Gemeinden in Hessen ist unterdurchschnittlich – nicht nur in Relation zur Einwohnerzahl, sondern auch als Anteil an d. Gesamtausgaben der öffentlichen Hand: Nur 9 von 100 Euro wurden 2017 von Land/Gemeinden investiert

In Hessen wurde nicht einmal die Hälfte der Netto‐Gewerbesteuereinnahmen für Investitionen eingesetzt. Dabei sind Investitionen in die Infrastruktur wesentlich dafür, dass zukünftiges Wirtschaftswachstum erzielt werden kann.

Werden Sie in ihren regelmäßigen Geschäftsabläufen durch Infrastrukturmängel beeinträchtig? Die Auswertung ergab, dass sich 65,9% der hess. Unternehmen regelmäßig durch Infrastrukturmängel in d. Geschäftstätigkeit eingeschränkt sehen, davon 16,5% deutlich

68,7 Prozent der Unternehmen sahen sich in Hessen durch Probleme im Straßenverkehr negativ beeinflusst, davon 27,9 Prozent sogar deutlich.Durch Kommunikationsnetze verursachte Beeinträchtigungen betrafen sogar noch mehr Unternehmen, aber nicht so deutlich.

Auf die Frage nach Termintreue und Zuverlässigkeit von Logistikleistungen antworteten insgesamt 2.704 Unternehmen, davon waren 190 in Hessen ansässig.Immerhin 39,6 Prozent der hess. Unternehmen verzeichneten eine Verschlechterung, keines eine Verbesserung.

Das Land Hessen speiste aus 2008 u. 2009 gebotenen Bundesmitteln ein Landesstraßenbauprogramm im Volumen von 50 Millionen Euro im Jahr 2009. Für kurze Zeit investierte Hessen deutlich mehr pro KM in die Landesstraßen,als es die anderen Bundesländer taten.

Im letzten BVWP wurden in Hessen lediglich 24 Kilometer Autobahn neu gebaut und 17 Kilometer um eine zusätzliche Spur erweitert. Im BVWP vorgesehen waren ursprünglich 87 Kilometer Neubau und 107 Kilometer Erweiterungen.

Anteil des Wohnungsbedarfs zwischen 2011 und 2015, der tatsächlich durch Wohnungsneubauten gedeckt wurde. Neuere Zahlen sind nicht verfügbar. Es zeigt sich, dass kreisfreie Städte und der Raum Frankfurt einen deutlichen Nachfrageüberhang verzeichnet haben.

im Zeitraum 2013 bis 2018 in allen Landkreisen die Mieten deutlich gestiegen, wenn auch die Ausgangsniveaus teilweise sehr unterschiedlich sind. Trotz dieser kurzfristigen Mietsteigerungen sind aber die langfristigen Entwicklungen zu beachten.

Der Durchschnittswert für die Versorgung der Haushalte mit schnellen Breitbandanschlüssen liegt in Hessen zwar mit 80 Prozent etwas über dem gesamtdeutschen Wert (77 Prozent), fällt aber regional sehr unterschiedlich aus.

Generell gibt es für Hessen nur sehr vereinzelte Open‐Data‐Angebote, darunter geoportal.hessen. de und offenedaten.frankfurt.de. Auf letzterem Portal werden derzeit 79 Datensätze angeboten. Das ist im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten sehr wenig.

Positiv für Hessen ist das LOEWE‐Programm zu bewerten, welches in der Förderlinie 3 vor allem auch die Zusammenarbeit von KMU, Forschungseinrichtungen und Hochschulen fördert.

Unangefochtene Spitzenreiter bei der Patentleistung sind Baden‐Württemberg und Bayern, die es auf 287 beziehungsweise 236 Patentanmeldungen je 100.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bringen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 125.

Ansprechpartner
Clemens Christmann

Dr. Clemens Christmann
Wirtschafts- und Umweltpolitik