8. VhU-Sozialforum

Roland Walter: „Fachkräftemangel wird immer größer – deshalb Fachkräftezuwanderung beschleunigen und Arbeitskräftereserve mobilisieren!“


Frankfurt am Main. Am 18.07.2022 fand das 8. VhU-Sozialforum im Haus der Wirtschaft Hessen statt. Gäste aus Politik, Praxis und Wissenschaft diskutierten zu der Frage, wie eine gelungene Zuwanderungspolitik für Hessen aussehen kann. Denn Hessen verliert bis zum Jahr 2030 über 300.000 Personen im erwerbsfähigen Alter. Die Lösungsvorschläge der VhU führte Roland Walter, geschäftsführender Gesellschafter der Walter Verpackungen GmbH, Offenbach, sowie VhU-Präsidiumsmitglied und Vorsitzender des Ausschusses für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, in seiner Keynote aus. Vor allem beschleunigte Fachkräftezuwanderung, schnellere Verwaltungsverfahren zur Aufnahme und Eingliederung sowie den Wegfall des Beschäftigungsverbots für ausländische Zeitarbeitskräfte hob er hervor. Ihm antworteten die anwesenden Abgeordneten des hessischen Landtags Sabine Bächle-Scholz, Elke Barth, Marcus Bocklet und Yanki Pürsun. Im Ziel, die Fachkräftezuwanderung zu beschleunigen, waren sich die Diskutanten einig, zu den Wegen gab es unterschiedliche Auffassungen. 

„Der Bewerber- und Fachkräftemangel wird für viele Betriebe zur Existenzfrage. 2021 konnten die Unter­nehmen in Hessen für jeden vierten Ausbildungsplatz keinen geeigneten Bewerber finden. Und der Azubi- und Fachkräftemangel wird sich noch weiter verschärfen, weil die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen. Deshalb brauchen wir eine Doppelstrategie. Einerseits muss das inländische Potential – Frauen, Ältere, Menschen mit Migrationshintergrund, Arbeitslose – noch besser gehoben werden. Andererseits müssen die Behörden bei der Fachkräftezuwanderung schneller arbeiten und sich effizienter aufstellen, etwa mit einer Zentralen Ausländerbehörde in Hessen.“ 
 
„Schnellere, schlankere und serviceorientierte Verwaltungsverfahren sind dringend notwendig. Denn was nützen neue Zuwanderungsgesetze, wenn Fachkräfte durch monatelange Wartezeiten bereits bei den Visastellen im Ausland verprellt werden? Auch die Anerkennung von ausländischen Qualifikationen ist viel zu umständlich und muss vereinheitlicht werden. Bundesweit gibt es allein über 1.000 unterschiedliche Anerkennungsstellen – je nach Beruf und Bundesland. Und allein in Hessen arbeiten 31 dezentrale Ausländerbehörden. Die Landesregierung sollte hier umdenken und wie vom Bundesgesetzgeber vorgegeben mindestens eine Zentrale Ausländerbehörde einrichten“, so Walter.
 
„Außerdem muss das weitgehende Beschäftigungsverbot von Fachkräften aus Drittstaaten in der Zeitarbeit weg. Hiervon könnten gerade kleine und mittlere Unter­nehmen profitieren, für die die Anwerbung von Fachkräften im Ausland schwieriger zu organisieren ist. Die Expertise der Zeitarbeitsunternehmen bei der Auswahl, Betreuung und Qualifizierung ausländischer Fachkräfte sollten wir uns auch für die Arbeitsmarktintegration von Drittstaatsangehörigen zunutze machen“, erklärte Walter abschließend.

Sabine Bächle-Scholz (CDU): „Die Herausforderung der Fachkräftesicherung erfordert nicht nur das umfassende Engagement der Politik, sondern auch von Bildungseinrichtungen, Verbänden, Organisationen und den Unter­nehmen. Längst können wir den Fachkräftemangel nicht mehr nur durch nationale Anstrengungen bewältigen, sondern eine gezielte Zuwanderungspolitik ist notwendig, um diese gesamtgesellschaftliche Herausforderung zu meistern. Das „Neue Bündnis Fachkräftesicherung“ in Hessen stellt sich dieser Mammutaufgabe und will Hessen durch konkrete Handlungsvorschläge Vorbildcharakter verleihen. Ein stabiler Arbeitsmarkt und eine hohe Beschäftigungsquote sind Garanten für Sicherheit und Wohlstand in unserem Land und geben uns den nötigen Rückhalt für unser alltägliches Leben.“

Elke Barth (SPD): „Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat hierfür jetzt gerade das Chancen-Aufenthaltsrecht auf den Weg gebracht, das vielen Menschen, die seit Jahren gut integriert in Deutschland leben, eine Bleibeperspektive schafft. Auch dies ist ein wichtiger Baustein, denn ohne Migration werden wir dem immer stärker werdenden Fachkräftemangel nicht begegnen können“, so die stellvertretende wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Elke Barth.

Marcus Bocklet (Bündnis 90/Die Grünen): „Der Fachkräftemangel wird die Wirtschaft zunehmend lähmen, wir brauchen deshalb eine rasche Aufgabe der Blockade gegenüber gezielter Zuwanderung. Gezielte Zuwanderung und rasche Anerkennung ausländischer Abschlüsse sind zentrale Schlüssel zur Behebung dieses Problems, beides wurde zu lange - besonders auf Bundesebene - ignoriert.“ 

Yanki Pürsün (FDP): "Der Fokus auf Fachkräfte verengt den Blick - wir haben in Deutschland eben nicht nur einen Fachkräftemangel, sondern einen Arbeitskräftemangel, der sich nur durch Migration lösen lässt. Dabei müssen wir uns nach den Jahrzehnten der Abschottung als Land endlich öffnen und attraktiv für eine geregelte Zuwanderung werden. Ich bin froh, dass wir als FDP diesen Paradigmenwechsel aktiv angehen - das kürzlich beschlossene Chancen-Aufenthaltsrecht ist der erste Schritt in die richtige Richtung!"

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Stefan Hoehl

Dr. Stefan Hoehl
Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik