Home Office - Ohne Vertrauen geht gar nichts!

Dirk Pollert, VhU-Hauptgeschäftsführer, im Interview mit Lars Hofmann, hr-iNFO, für die Sendung Netzwelt am 15.05.2020

Lars Hofmann ist in seiner Sendung der Frage nachgegangen, welche Erfahrungen die Unter­nehmen und Mitarbeitenden mit mobilem Arbeiten / Home Office in der Corona-Krise gemacht haben.


Auf Abstand im Office: Dirk Pollert, VhU-Hauptgeschäftsführer, im Interview mit Lars Hofmann, hr-iNFO, für die Sendung Netzwelt am 15.05.2020

Und ob sich Erfahrung auch in die Post-Corona-Phase mitnehmen lassen. Neben Dirk Pollert waren noch zwei Unternehmer, zwei Gewerkschafter, zwei Mitarbeiter, ein Fraunhofer- Institut – mit dabei, die alle ihre Blickwinkel entfalten konnten. Überwiegend einig waren sich alle, dass es eher Vereinbarungen für auf die vielfältigen Tätigkeiten passende betriebsindividuelle Lösungen braucht, und eben keine starren Lösungen. Gefreut hat uns, dass unsere starke Botschaft, ohne Vertrauen geht gar nichts, mit Vertrauen aber ist viel Passgenaues möglich, den starken Endpunkt der Sendung markierte.

Dirk Pollert: Home Office - Ohne Vertrauen geht gar nichts! Historie der Weiterentwicklung von Telearbeit/Home Office und mobilem Arbeiten

Die Möglichkeiten – auch außerhalb des Betriebs oder Büros – zu arbeiten, haben durch die Verbreitung des Computers und Handys ab Mitte der 90er Jahre drastisch zugenommen. Ursprünglich sprach man von Telearbeit. Ich kann mich z. B. daran erinnern, dass wir damals 1999 – ich war Leiter Personalgrundsatzfragen eines großen Automobilzulieferers – für eine Beschäftigte, die Glasknochen hatte, und wir ihr deswegen das Arbeiten im Büro in der Buchhaltung nur sehr schwer ermöglichen konnten, einen fest installierten Telearbeitsplatz eingerichtet haben. Weitere folgten. Üblich war aber alternierende Telearbeit, also einzelne Tage oder halbe Tage in der Woche. Mit iPads und Smartphones ging das rasant weiter. Dann sprach man eher vom Home Office und vom mobilen Arbeiten, wobei beides unterschiedliche Formen des Arbeitens sind. Ich arbeite z. B. sehr viel mobil.

Mobiles Arbeiten…

… bedeutet: Ich arbeite teilweise von unterwegs aus – also außerhalb meines Arbeitsplatzes. Dies ist effizient und spart z. B. unnötige Fahrt- und Reisezeiten. Ich habe gar keinen fest installierten Home Office-Arbeitsplatz. Fest installierte Home Office-Arbeitsplätze waren eigentlich eher „out“ vor Corona und haben natürlich nun in der Corona-Krise bedingt durch die Kontaktbeschränkungen befristet eine ganz neue Dimension erhalten.

Jetzt geht es darum, die positiven Erfahrungen für ein besseres und effizienteres Arbeiten in die Post-Corona-Zeit mitzunehmen – eingebettet in eine zu meinem Unter­nehmen vom Tätigkeitsgebiet abgeleitete Kultur der digitalen Arbeitswelt. Das heißt z. B sich zu fragen: Wo sind Präsenzmeetings erforderlich? Wo gehen Videokonferenzen genauso gut? Hier spielt m. E. eine entscheidende Rolle, wie gut kennen sich die Teilnehmer, ist es ein brisantes Thema? Vertraut man sich wechselseitig? Ich glaube, ohne Vertrauen geht hier gar nichts.

Klar ist aber, hier kann es keine starren gesetzlichen Ansprüche auf Home Office-Arbeitsplätze geben. Sondern Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsräte müssen betriebs-individuell passende, flexible Regeln vereinbaren, die auch fortlaufend weiterentwickelt und angepasst werden.

Digitalisierung der Arbeitswelt und mobiles Arbeiten

Ich habe Anfang 2017 der FAZ einmal ein Interview gegeben und gesagt: „Man schuldet Erfolg und nicht Anwesenheit“. Dieser positive Trend nimmt weiter zu: dort, wo es passt.

Wir haben drei sich stark verändernde Arbeitswelten: die sich digitalisierende Produktion, der mobile Wissensarbeiter und Mischformen wie Wartung/Vertrieb.

Ein Auto wird weiterhin in der Werkshalle produziert, selbst wenn z. B. Rufbereitschaft bei Bandstillständen und Wartung zukünftig auch mobiler gehen wird.

Wir brauchen in modernen Arbeitswelten Leadership, Vertrauensarbeitszeit und Eigenver-antwortung. Die Erfolgstreiber sind mobiles Arbeiten, Assistenzsysteme und autonome Gruppen sowie Flexibilität.

Arbeitszeitgesetz

Das klappt aber nur, wenn endlich das Arbeitszeitgesetz geändert wird, also statt einer täglichen Höchstarbeitszeit endlich eine Wochenbetrachtung durch den Gesetzgeber ermöglicht wird. Ebenso muss die 11-stündige Ruhezeit verkürzt sowie kurze Arbeiten auch während der Ruhezeit möglich sein. Wir haben seit mehreren Jahren kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem!

Warum ein gesetzlicher Anspruch auf Home Office abzulehnen ist

Ich habe ja schon aufgezeigt, dass in der betrieblichen Wirklichkeit passende Lösungen individuell und einvernehmlich gefunden werden. Ansonsten ergeben sich die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen. Dem Arbeitgeber steht das sog. Direktionsrecht zu: Er kann Arbeitsart, Arbeitszeit und Arbeitstätigkeit entsprechend bestimmen. Dies kann und darf auch nicht umgedreht werden.

Weniger Büroflächen

Es ist ja schon seit langem ein Trend auf Status - wie große Büros und eigene Besprechungszimmer -  zu verzichten. Wer mobil arbeitet braucht kein eigenes Büro, das dann mehrere Tage geheizt leer steht. Besser sind attraktive Projekträume für Gruppenarbeit aber auch Orte, wo man sich für Stillarbeit zurückziehen kann. Ebenso für vertrauliche private Telefonate.

Hier muss dann aber auch gelten: Wer während der Arbeitszeit Privates erledigen darf, muss auch außerhalb der festgelegten Arbeitszeit auch einmal arbeiten dürfen.
 

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