VhU-Wirtschaftsforum zu TTIP

Hessische Wirtschaft fordert faires und starkes TTIP-Abkommen // Mang: „Freihandel und Investitionsschutz in EU und USA als Vorbild für die Welt“

Frankfurt am Main. Hessens Wirtschaft fordert ein faires und starkes Abkommen für Freihandel und besseren Investitionsschutz zwischen der EU und den USA. „Die Politiker in Europa und Amerika müssen jetzt nationale Blockaden überwinden. Wir erwarten, dass sie zügig die Verhandlungen über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zu einem Abschluss bringen, der weltweit Vorbildcharakter hat“, sagte Wolf Matthias Mang, Präsident der VhU und Geschäftsführer des Maschinenbauunternehmens Arno Arnold GmbH in Obertshausen, beim VhU-Wirtschaftsforum vor 150 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Mang sagte: „Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt direkt oder indirekt vom Export ab, in der Industrie sogar jeder zweite. Der Abbau von Handels- und Investitionsbarrieren sichert und schafft Arbeitsplätze.“ Das Abkommen gebe Europa die Gelegenheit, gemeinsam mit den USA die Globalisierung mit klaren Spielregeln politisch zu gestalten. Mang: „Ein starkes TTIP mit unseren freiheitlichen Werten und den bewährten sozialen und ökologischen Standards könnte zu einem Vorbild für andere Abkommen werden. Über Grenzen hinweg zu investieren und Waren zu handeln – das dient letztlich dem Frieden.“

John B. Emerson, Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland, sagte: „Wichtig ist die Beseitigung nicht tarifärer Handelsschranken und was dies geopolitisch bedeutet. TTIP stärkt damit die transatlantische Position weltweit. Schließlich geht es darum, die Regeln weiter zu entwickeln, auf denen unser Wohlstand beruht. Zugleich wird TTIP dem Rest der Welt die Vorteile eines offenen Handelssystems verdeutlichen: Freiheit, offene Märkte, Rechtsstaatlichkeit, Schutz intellektueller Urheberrechte, Transparenz in Handelsangelegenheiten, hohe Standards im Verbraucherschutz und der Verbrauchergesundheit, Respekt gegenüber und Schutz der Umwelt wie auch der arbeitenden Frauen und Männer.“

Die Perspektive der EU-Kommission erläuterte Rupert Schlegelmilch, der in der Generaldirektion Handel in Brüssel die Abteilung Investitionen und Dienstleistungen leitet: „Die europäische Handelspolitik ist keine bürgerferne Bürokratie, sondern ein handfestes Mittel, konkrete Vorteile für die europäischen Bürger, Konsumenten, Arbeitnehmer und Unternehmer zu schaffen. TTIP ist hier ein wichtiger Bestandteil der europäischen Strategie, unsere Wirtschaft zu beleben, Märkte zu erschließen und Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen. Befürchtungen in Deutschland, dass TTIP eine Gefahr für die Daseinsvorsorge einschließlich der Kultur darstellen würde, sind unbegründet. Die europäische Handelspolitik hat in den letzten 20 Jahren die Daseinsvorsorge in vollem Umfang geschützt. Kommissarin Malmström hat in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Handelsbeauftragten Froman im März klar gemacht, dass dieser Schutz auch in TTIP voll gewährleistet wird.“

Dr. Dirk Pieler, Geschäftsführer der Bender GmbH & Co. KG in Grünberg, die mit weltweit 700 Beschäftigten Geräte und Systeme zur Überwachung von Elektroanlagen für Krankenhäuser, Stromerzeugung und die Industrie herstellt, sagte: „Die Elektroindustrie befürwortet ein Freihandelsabkommen. Beide Seiten des Atlantiks würden profitieren, wenn Zölle und Zollabwicklung entfallen. Die Angleichung der Standards und insbesondere die einheitliche Anwendung des Prinzips der Herstellererklärung analog der CE-Kennzeichnung böte großes Vereinfachungspotenzial bei gleichbleibendem Qualitätsniveau.“ Dr. Pieler betonte aber auch: „Die Basis für das Freihandelsabkommen ist, dass sich beide Seiten in Freundschaft und Vertrauen begegnen – den anderen ausspionieren, das geht nicht.“ Dr. Pieler ist Vorsitzender der Landesstelle Hessen des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI).

Holger Weidmann, Geschäftsführer des Maschinenbauunternehmens Krautzberger GmbH in Eltville mit 75 Beschäftigten, Mitglied im Vorstand VDMA-Landesverband Mitte und im VhU-Präsidium, sagte: „Der mittelständische Maschinenbau ist klar für TTIP. Produkte und Verfahren ‚Made in Germany‘ sind wegen ihrer Qualität und Sicherheit weltweit erfolgreich. Unsere hohen Standards wollen wir nicht senken, sondern exportieren. Doppelte Prüf- und Zertifizierungsverfahren, Qualitätskontrollen, Zollaufwand und Dokumentationspflichten können bei vergleichbaren Anforderungen entfallen. TTIP wird Kosten reduzieren. Das ist wichtig, gerade für uns Mittelständler.“

Prof. Dr. Mathias Wolkewitz, Leiter Bereich Recht, Steuern und Versicherungen der Wintershall Holding GmbH in Kassel, begrüßte, dass sich die Diskussion um Investitionsschutzverträge und Investor-Staats-Schiedsverfahren in jüngster Zeit versachlicht habe und sagte: „Dabei handelt es sich um seit Jahrzehnten vielfach bewährte Instrumente. Sie gewähren Rechte im Fall von Enteignung oder staatlicher Willkür. Verbesserungsvorschläge muss man diskutieren und gegebenenfalls umsetzen. Ein starkes TTIP könnte helfen, den Investitionsschutz angemessen transparent zu machen, die Konsistenz der Schiedsspruchpraxis z.B. durch eine Berufungsinstanz zu erhöhen und die Integrität der Schiedsgerichte durch einen verbindlichen Code of Conduct“ für Schiedsrichter zu stärken.“

Dr. Stormy-Annika Mildner, Abteilungsleiterin Außenwirtschaftspolitik des Bundesverbands der Deutschen Industrie, sagte: „Deutsche Industrieunternehmen sind über Direktinvestitionen im Ausland international stark verflochten. Ein reformierter Investitionsschutz in TTIP bietet die Möglichkeit, einen hohen globalen Standard zu schaffen. Eine Reform dieses für große und kleine Unter­nehmen wichtigen Instrumentes ist unerlässlich. Zu den zentralen Reformaspekten zählt für den BDI die Zusicherung des politischen Gestaltungsraums von Staaten. Außerdem muss es mehr Transparenz in den Schiedsverfahren geben. Weitere Schritte sind die Einführung eines Berufungsmechanismus und die Präzisierung von Rechtsbegriffen. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass Investoren nach wie vor direkt als Streitpartei vor dem Gericht klagen können. Dabei ist es für Unter­nehmen wichtig, in Streitfällen weiterhin an der Zusammensetzung des Schiedsgremiums beteiligt zu werden.“

Ferner nahmen als Redner und Diskutanten am VhU-Wirtschaftsforum teil: Dr. Thilo Bode, Geschäftsführer foodwatch e.V., Berlin, Prof. Dr. R. Alexander Lorz (CDU), Hessischer Kultusminister und Experte für Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren und ehemaliger Dekan der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, sowie Dr. Hans-Joachim Schabedoth, MdB (SPD), Bad Homburg, Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestags.

Zurück zur Übersicht